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              | Date: 2001-12-30 
 
 CCC: 18C3 Revisited-.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.-
 
 Auf dem 18. Chaos Communication Congress diskutierten Hacker und
 Datenschutzexperten die Folgen der Antiterror-Gesetze - das
 Sicherheitsgesetz III zeichnet sich schon ab.
 
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 Viel war im Zusammenhang mit dem zweiten Antiterror-Paket aus dem
 Bundesinnenministerium sowie ähnlich gestrickten Machwerken weltweit
 bereits vom endgültigen Ende der Privatsphäre sowie der Geburt eines
 neuen, internationalen Polizeistaats die Rede. Doch Datenschutzexperten
 sind sich uneinig über die konkreten Auswirkungen der mit heißer Nadel
 gestrickten Gesetze: "Es hätte noch schlimmer kommen können", glaubt der
 Berliner Landesdatenschutzbeauftragte Hansjürgen Garstka. Der
 Datenschutzchef der Deutschen Telekom denkt dagegen laut über die
 Klärung aktueller Streitfragen um Verbindungs- und Nutzungsdaten durch das
 Bundesverfassungsgericht nach.
 
 [...]
 
 In Deutschland gab es daher nicht nur grünes Licht für die
 Telekommmunikations-Überwachungsverordnung oder die Neuregelung der
 Abfrage von Verbindungsdaten durch die Strafverfolgungsbehörden. Mit
 großer Mehrheit verabschiedete der Bundestag auch wenige Tage vor
 Weihnachten das zweite "Sicherheitspaket" aus dem Hause des
 Innenministers Otto Schily. Durch das umfassende Gesetzeswerk wird
 beispielsweise den Geheimdiensten und dem Bundesverfassungsschutz vom
 1. Januar an die Lizenz zum Schnüffeln bei privaten Unternehmen aus den
 Bereichen Geldverkehr, Luftfahrt und Telekommunikation erteilt.
 
 
 Zivilcourage gegen Schily
 
 
 Zu den Sachverständigen, die bei einer Anhörung im Bundestag heftige Kritik
 gegen den Otto-Katalog vorbrachten, gehörte auch der Berliner
 Datenschutzbeauftragte Hansjürgen Garstka ( Schily wandelt auf den Spuren
 des Fürsten Metternich). Grundsätzlich geht dem Bürgerrechtsvertreter das
 Maßnahmenpaket trotz einiger Entschärfungen nach wie vor "viel zu weit".
 Überraschend klang in den Hackerohren allerdings seine am gestrigen
 Freitag im orange-plüschigen Vortragssaal des Konferenzzentrums am
 Köllnischen Park vorgebrachte Hoffnung, dass letztlich "alles doch nicht so
 wild wird." In dem Anti-Terrorismus-Gesetz sei nämlich viel "Symbolhaftes"
 drin, und das gesamte Konstrukt könnte sich gar als "große Luftblase"
 entpuppen.
 
 Dunkle Tore seien zwar geöffnet worden, erklärte Garstka den staunenden
 Hackern. So müssten Netzanbieter etwa von Januar an neben bereits
 gespeicherten auch künftige Telekommunikationsdaten herausgeben. Vor
 allem für den Web-Bereich stelle das eine gravierende Veränderung dar, da
 dort gemäß der Teledienste-Datenschutzverordnung (TDDSV)
 beziehungsweise des Teledienstedatenschutzgesetzes ( TDDSG)
 Verbindungs- und Nutzungsdaten bislang nicht zu archivieren seien.
 
 Der jetzt eingeführte Speicherzwang gelte aber nur in einzelnen Fällen, in
 denen die Geheimdienste Bedarf anmelden. Finanzdienstleister seien zudem
 nur zur Kooperation mit den Schlapphüten aufgefordert, aber nicht
 verpflichtet. "Wenn die Privatunternehmen genug Zivilcourage haben und
 sagen: 'Nein, wir geben die Daten nicht raus', ist der Verfassungsschutz am
 Ende."
 
 
 Die Lage etwas anders sieht Thomas Königshofen. Mit einer auch noch so
 mutigen Verweigerungshaltung komme ein Unternehmen nicht weit, führte
 der betriebliche Datenschutzbeauftragte der Deutschen Telekom aus.
 Persönlich sei er schon mehrfach von Staatsanwälten angegangen und sogar
 wegen Strafvereitelung angeklagt worden.
 
 Besonders schwer im Magen liegt Königshofen die Ausweitung der so
 genannten Zielwahlsuche. Dabei müssen die Netzbetreiber herausfinden, wer
 bei einer zu observierenden Person in den letzten Wochen alles angerufen
 hat. Ein "technisch sehr aufwändiger Prozess", wie der Konzern-
 Datenschützer zu berichten wusste. Da die Aufzeichnungen der Anbieter
 immer von der Kommunikationsquelle und nicht dem -ziel ausgehen,
 müssten wegen eines Beschuldigten dazu sämtliche Verbindungen der rund
 40 Millionen anderen Telekom-Kunden durchgeschaut werden.
 
 [...]
 
 Knackpunkt sind für die Wirtschaft vor allem die hohen Kosten der
 Überwachungshilfsleistungen. "Wir beschäftigen allein fünf Mitarbeiter zur
 Bearbeitung von Anfragen nach § 12 FAG beziehungsweise nun nach § 100g
 StPO nach Verbindungsdaten", erklärte Königshofen. Der Konzernetat werde
 durch derlei Zulieferungen an die Sicherheitsbehörden durch Beträge im
 zweistelligen Millionenbereich belastet. Um diese Kosten, die letztlich auf
 den Kunden umgelegt werden, in den Griff zu bekommen, hat die Telekom
 anfangs auch Rechnungen an Polizeibehörden geschickt. "Sie wurden
 teilweise bezahlt", berichtete Königshofen. Seit zwei regionale Gerichte
 allerdings entschieden hätten, dass eine Entschädigung der Firma nicht
 zusteht, würden sich nun alle Ämter auf diese Schiedssprüche berufen.
 
 
 Gutachten bestätigt Verfassungswidrigkeit der Zielwahlsuche
 
 
 Die Telekom hat daher bei Jürgen Welp, einem renommierten
 Rechtsprofessor an der Universität Münster, ein Gutachten in Auftrag
 gegeben, dessen Ergebnisse jetzt vorliegen. Darin werde bestätigt, so
 Königshofen, dass gerade die Zielwahlsuche in den Verbindungsdaten
 verfassungswidrig sei. Da zu diesem Zweck die Daten unverhältnismäßig
 vieler unbescholtener Bürger ins Visier genommen werden müssten, seien
 die Kollateralschäden zu hoch. Handle es sich bei den meisten Fällen doch
 auch um Betrügereien, nicht etwa um Organisierte Kriminalität oder
 Terrorismus.
 
 Angesichts der Ergebnisse des Gutachtens ist nun allerdings noch die Frage
 offen, wer gegen die Datenschnüffelei klagt. Die eigentlich Betroffenen sind
 nämlich nicht die Telekommunikationsfirmen, sondern die von der
 Datenüberprüfung betroffenen Bürger. Doch die erfahren in der Regel nichts
 davon, weil die Handlanger des Staats zum Schweigen verdonnert sind. "Es
 kann also nur sein, dass wir aufgrund der Kosten mal vors
 Verfassungsgericht ziehen", kündigte der oberste Datenschützer der
 Telekom an
 
 [...]
 
 Angesichts solcher Überlegungen hatte Garstka am Ende der
 Gesprächsrunde denn doch auch noch ein paar der bei den Hackern
 beliebten Gruselszenarien auf Lager. "Das Sicherheitspaket III zeichnet sich
 schon ab", warnte der Berliner Datenschutzbeauftragte. Darin enthalten sein
 könnte etwa der "große Guck-Angriff mit Videokameras im Haus". Falls die
 Gesichtsbiometrie in den Pass Einzug halten würde, könnten solche
 Merkmale aber auch dazu verwendet werden, mit Videokameras große
 Menschenmengen zu scannen. "Da kommen wir in einen
 Überwachungsstaat, wie ihn sich nicht einmal Orwell hat erträumen können."
 [...]
 
 Wirtschaft und Politik befinden sich dagegen im Rahmen des European
 Telecom Standards Institute (ETSI) gerade mitten in dem entgegen gesetzten
 Prozess: Sie legen Abhörstandards für noch gar nicht auf dem Markt
 befindliche Netztechnologien wie UMTS a priori fest
 
 [...]
 
 Mehr
 http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/11456/1.html
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 edited by Harkank
 published on: 2001-12-30
 comments to office@quintessenz.at
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