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              | Date: 2002-02-14 
 
 DE: Zwei Klassen Raster/gesellschaft-.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.-
 
 q/depesche  02.13/2
 
 DE: Zwei Klassen Raster/gesellschaft
 
 Christiane Schulzki-Haddouti 13.02.2002 Nach Berlin und Wiesbaden kippt
 das Oberlandesgericht Düsseldorf die Rasterfahndung, allerdings nur für
 Deutsche. Für Ausländer sei sie zumutbar. Kläger rufen jetzt das
 Bundesverfassungsgericht an.
 
 
 Die Gegner der Rasterfahndung konnten in Nordrhein-Westfalen nur einen
 halben Erfolg feiern. Die Beschwerden eines Jordaniers und Marokkaners
 wies das Oberlandesgericht Düsseldorf am Montag in letzter Instanz zurück.
 Die Einbeziehung deutscher Staatsangehöriger in die nordrhein-westfälische
 Rasterfahndung sei jedoch unverhältnismäßig und damit rechtswidrig
 gewesen.
 
 Die Einwohnermeldeämter hatten dem Landeskriminalamt in Nordrhein-
 Westfalen rund 4,7 Millionen Datensätze übermittelt, die Hochschulen knapp
 500.000 und das Ausländerzentralregister 89.000 Datensätze. Dabei wurden
 alle männlichen Personen zwischen 18 und 41 Jahren erfasst. Anhand der
 Länder-Rasterkriterien identifizierte die Polizei rund 11.000 Datensätze, die
 restlichen wurden gelöscht. Vier Deutsche hatten sich deshalb vor Gericht
 beschwert.
 
 
 Gegenwärtige Gefahr gegeben
 
 
 Anders als Berlin und Wiesbaden sieht Düsseldorf eine gegenwärtige Gefahr
 gegeben. Dabei berief sich das Gericht auf das Bundesverwaltungsgericht.
 Es hatte 1981 in dem Fall einer Ausweisung argumentiert, dass "wegen des
 hohen Ranges des Schutzgutes und wegen der Art sowie des Ausmaßes der
 Schäden, die terroristische Anschäge zur Folge haben können [...] die
 Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts nur gering"
 seien. Daraus sei eine Faustregel entstanden, dass an die
 Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts um so geringere Anforderungen zu
 stellen sind, je größer der zu erwartende Schaden und je ranghöher das
 Schutzgut sind.
 
 Nach dem 11. September lagen laut Oberlandesgericht "hinreichende
 Tatsachen" vor, die für einen terroristischen Anschlag in Deutschland "mit
 unvorstellbaren Personen- und Sachschäden" sprachen. Der Polizei waren
 damals 42 Personen in Nordrhein-Westfalen bekannt, die als Unterstützer
 oder Kontaktpersonen des Al-Kaida-Netzwerkes galten.
 
 Insofern war die Rasterfahndung nach Auffassung des Oberlandesgerichtes
 auch "verhältnismäßig" und "zumutbar". Sie sei verhältnismäßig, da das
 Allgemeininteresse an Sicherheit und Schutz das Interesse des Beteiligten
 an der Wahrung seiner Persönlichkeitsrechte überwiege. Das Recht auf
 informationelle Selbstbestimmung sei zudem nicht schrankenlos
 gewährleistet.
 
 [...]
 
 Die Beschwerde eines deutschen Staatsangehörigen hatte hingegen beim
 Oberlandesgericht Düsseldorf Erfolg. Die Übermittlung seiner Daten habe
 "gegen das Übermaßverbot" verstoßen. Er habe weder räumlich, noch
 zeitlich und auch nicht als Zeuge in einem besonderen Verhältnis zu der
 Gefahrensituation gestanden, schreibt das Gericht in seiner
 Urteilsbegründung.
 
 "Diese Personenselektion hätte erheblich eingeschränkt werden können auf
 diejenigen Personen, die die Staatsangehörigkeit eines in der Anlage 2 zur
 Antragsschrift aufgeführten Länder besitzen oder dort geboren sind oder die
 islamische Religionszugehörigkeit besitzen." Es sei vertretbar gewesen, "die
 Personen, die in Deutschland geboren sind, aber deren Eltern die
 Staatsangehörigkeit eines der verdächtigen Länder besitzen und die
 Religionszugehörigkeit nicht offenbart haben, von der Rasterfahndung nicht
 erfasst worden wären".
 
 [...]
 
 Der studentische Dachverband "freier zusammenschluß von
 studentInnenschaften" (fzs) kritisiert, dass die Grundrechtsverletzung nur für
 Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft Geltung haben soll. Fzs-
 Sprecherin Carmen Ludwig: "Es ist ein Unding, dass in dem Urteil Menschen
 mit islamischen Glauben und aus bestimmten Herkunftsländern weiterhin
 dem Generalverdacht des "Terrorismus" ausgesetzt werden." Damit gelte das
 grundlegende rechtsstaatliche Prinzip der Unschuldsvermutung nur noch für
 Menschen mit deutschem Pass. Dies sei eine "rassistische
 Sonderbehandlung durch die staatlichen Ordnungshüter und die Gerichte".
 
 Carmen Ludwig kritisiert an der Einschätzung der "gegenwärtigen Gefahr",
 dass das Gericht nicht dem "offensichtlichen Widerspruch" zwischen dieser
 Einschätzung und den öffentlichen Verlautbarungen der Bundesregierung
 nachgeht. Bereits am 26. September, also vor dem
 Rasterfahndungsbeschluss, hieß es in einer Pressemitteilung der
 Bundesregierung nach einer Sitzung des Bundeskanzlers und der
 Ministerpräsidenten: "Die Analyse des Bundesinnenministers und der
 einschlägigen Dienste, dass es zurzeit keinen Anlass zur Besorgnis gibt, traf
 auf allgemeine Übereinstimmung." Dazu Ludwig: "Nur einer kann Recht
 haben. Entweder die Bundesregierung hat die Bevölkerung belogen oder das
 Gericht trifft ein Urteil ohne Tatsachen und Fakten zur Kenntnis nehmen zu
 wollen."
 
 Mehr
 http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/11841/1.html
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 edited by Harkank
 published on: 2002-02-14
 comments to office@quintessenz.at
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