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              | Date: 2000-10-19 
 
 GILC gegen Cybercrime/hype im Europarat-.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.-
 
 25 NGOs weltweit gegen die Hype der gesetzlich
 ermächtigten Behörden. Eine anders formatierte Version ist
 hier:
 
 http://www.quintessenz.at/convent-d.html
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 Offener Brief an den Europarat in Strassburg
 Date: Wed, 18 Oct 2000 00:00:0 +0100 (MET)
 
 English Version |
 
 Last Update: Wed, 18 Oct 2000  00:00
 Die unterzeichneten Mitglieder der "Global Internet Liberty
 Campaign" (einer Koalition von weltweit mehr als 50
 Bürgerrechtsgruppen) unterstützen die folgende Petition:
 
 S.g. Expertenkomitee für CyberCrime,
 S.g. Ministerrat,
 S.g. Parlamentarier,
 
 Wir schreiben Ihnen im Namen einer großen Zahl von
 privaten Organisationen in Nordamerika und Europa, um
 unseren Einspruch gegen die vorgeschlagene Convention of
 Cybercrime kundzutun. Wir glauben, dass der
 Vertragsentwurf einen krassen Gegensatz darstellt zu den
 wohlerworbenen Normen zum Schutz des Individuums,
 dass er die polizeilichen Rechte nationaler Regierungen auf
 nicht angemessene Art und Weise ausdehnt, dass er
 die Entwicklung von Netzwerksicherheitslösungen
 unterminiert, wenn nicht verunmöglicht, und dass er der
 exekutiven Gewalt Ermächtigungen einräumt, die diese in
 einem Rechtsstaat nicht besitzen sollte.
 
 Wir wehren uns besonders gegen die Auflagen, die ISPs
 verpflichten, alle Aktivitäten ihrer Kunden zu mitzuloggen.
 (Artikel 17, 18, 24, 25). Diese Auflagen stellen ein nicht zu
 unterschätzendes Risiko für das Recht auf Privatsphäre
 sowie die Menschenrechte der Internetnutzer dar und
 stimmen nicht mit den wohlerworbenen Prinzipien des
 Datenschutzes, wie beispielsweise der
 Datenschutzrichtlinie der EU, überein. Ähnliche Informationen
 über
 Kommunikationswege wurden in der Vergangenheit
 verwendet, um Dissidenten zu identifizieren und Minderheiten
 zu verfolgen. Wir drängen sie darauf, die genannten
 Auflagen in einem modernen Kommunikationsnetzwerk nicht
 vorzuschreiben. Unserer Meinung nach ist der gesamte
 Artikel 18 mit dem Artikel 8 der Europäischen
 Menschenrechtscharta und mit der Rechtssprechung des
 Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte
 unverträglich.
 
 Weiters sprechen wir uns entschieden gegen die
 Konzeption von "Illegalen technischen Hilfsmitteln", wie sie in
 Artikel 6 entworfen wird, aus. Wir glauben, dass das
 vorgelegte Konzept ausreichend genaue Definitionen
 vermissen
 lässt, um nicht zu einer universell einsetzbaren Klausel zu
 werden, die sich gegen jede Art von computerbasierter
 Aktivität einzelner Individuen verwenden lässt, selbst wenn
 diese völlig gesetzeskonform handeln. Wie technische
 Experten klargestellt haben, wird der vorliegende Entwurf
 weiters entscheidend die Entwicklung neuer
 Sicherheitstools behindern und den Regierungen eine
 übermächtige Rolle in der wissenschaftlichen Forschung
 einräumen.
 
 Auch sind wir mit der dramatischen Ausweitung von
 Copyrightdelikten in vorgeschlagenen Artikel 10 ganz und gar
 nicht einverstanden. Es kann aufgrund der aktuellen
 Entwicklungen wohl weder davon ausgegangen werden, dass
 Strafandrohungen das geeignetste Mittel der Wahl zur
 Bekämpfung von Copyright-Verstößen darstellen, noch dass
 die angesproechenen, zugrundeliegenden Verträge von
 solchen Notwendigkeiten ausgehen. Neue Strafen für
 kriminelle Delikte sollten auf einem Gebiet, wo die nationale
 Gesetzgebung derart in der Schwebe ist, nicht auf
 internationaler Ebene beschlossen werden. Grundlegend
 bleibt zu sagen, dass wir Initiativen, die
 länderübergreifende Assistenz in der Strafverfolgung zum
 Ziel haben, für höchst problematisch halten, wenn
 überhaupt keine länderübergreifenden Delikte zu verfolgen
 sind. Dies ist ein zentraler Grundsatz der nationalen
 Souveränität.
 
 Weiters glauben wir, dass klare Richtlinien beschlossen
 werden müssen für internationale Ermittlungen, und dass
 keine exekutive Instanz innerhalb einer unterschiedlichen
 Rechtssprechung im Namen eines anderen Staates
 handeln sollte ohne klare Ermittlungsauflagen innerhalb der
 eigenen Rechtssprechung. Verschiedene Länder haben
 verschiedene Ermittlungsauflagen, zugegebenermaßen,
 aber dies ist nun die Möglichkeit, diese zu harmonisieren
 unter der Voraussetzung, dass wir eine möglichst hohe
 Angleichung in Beezug auf die Wahrung der
 Menschenrechte sicherstellen.
 
 Die kriminellen Präventionsmaßnahmen der Artikel 9 und 11
 könnten einen abkühlenden Effekt auf den freien
 Austausch von Informationen und Ideen ausüben. Die
 zwingende Übernahme von Verantwortung für die Inhalte Dritte
 durch Internetprovider stellt eine unsinnige für die Anbieter
 von neuen Netzwerk-Services dar und wird die
 unangemessene Überwachung privater Kommunikation
 fördern.
 
 Dem Artikel 14, der die Voraussetzungen umreißt für die
 Suche nach und die Beschlagnahmung von gespeicherten
 Computerdaten fehlen die notwendigen prozeduralen
 Sicherheitsmechanismen um die Rechte des Individuums zu
 schützen und um sicherzustellen, dass ein unabhängiger
 Richter befasst werden muss, um so die grundlegenden
 Freiheiten und Rechte zu respektieren, bevor eine staatliche
 Durchsuchung durchgeführt wird. Solche
 Durchsuchungen würden eine "beliebige Einmischung"
 unter internationalen Rechtsnormen gestatten.
 
 Die Artikel 14 und 15 könnten zu einem verpflichtenden
 Zugang der Regierung zu Encryption-Keys führen, der
 Bürger dazu anhält, straffällig zu werden, was wohl
 inkomptibel ist mit dem Artikel 6 der Europäischen
 Menschenrechtskonvention. Wir stellen auch die
 Zweideutigkeit in Frage, die sich aus diesem Artikel in Bezug
 auf
 den Zugang von Regierungen zu Verschlüsselungen ergibt.
 Der Europäische Rat sollte diese Auflage klarstellen,
 sodass Mitgliedsstaaten diese Konvetion nicht als Vorwand
 missbrauchen, um die Rechtssprechung in Bezug auf
 Selbst-Inkriminierung zu umgehen. Wir sind auch strikt
 gegen die Bedingungen, unter denen dieser Vorschlag
 entstanden ist. Polizeiorganisationen und einflussreiche
 private Interessenten, die außerhalb des demokratischen
 Rahmens agieren, haben versucht, in einem geschlossenen
 Prozess Regeln zu definieren, die zu bindender
 Rechtssprechung werden. Wir glauben, dass diese
 Vorgehensweise die Voraussetzungen der Transparenz
 verletzt
 und dass sie mit den demokratischen Prinzipien der
 Entscheidungsfindung nicht in Einklang steht.
 
 Privacy-Experten haben ihren Widerstand zu diesem
 Vorschlag klargemacht. Ein Experte warnte davor, dass die
 Versuche, eine internationale Konvention zum CyberCrime
 zu entwickeln, zu "fundamentalen Einschränkungen von
 Privatsphäre, Anonymität und Verschlüsselung" führen
 würden.
 
 Offizielle Datenschutzbeauftragte haben ihren Widerstand
 zu diesem Vorschlag klargemacht. Die Internationale
 Arbeitsgruppe für Datenschutz im
 Telekommunikationsbereich kritisierte vor einiger Zeit die
 Versuche, alle
 Datentransfers verpflichtend mitzuloggen und empfahl
 Sicherheitsverbesserung durch neue Strafgesetze.
 
 Technische Experten haben ihren Widerstand zu diesem
 Vorschlag klargemacht. Ein Brief von führenden
 Sicherheitsexperten, Lehrenden und Großverkäufern stellt
 fest, dass "der vorgeschlagene Vertrag unabwendbar
 darin resultieren könnte, dass Techniken und Software, die
 üblicherweise benutzt werden, um Computersysteme for
 Attacken zu schützen, kriminalisiert werden könnten" und
 dass der vorgeschlagene Vertrag "nachhaltige Wirkung
 hätte auf Sicherheitsexperten, Forscher und Lehrende."
 
 Nun erklärt eine große Zahl von Organisationen, die die
 Rechte der Bürger vertreten, ihren Widerstand gegen diesen
 Vorschlag. Wir glauben, dass jeder Vorschlag, neue
 Autoritäten in der Ermittlung und Strafverfolgung zu schaffen,
 eine sorgfältige Abwägung der Artikel 8 und 10 der
 Europäischen Menschenrechtskonvention und der
 verwandeten
 Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofes für
 Menschenrechte beinhalten sollte.
 
 Wir glauben nicht, dass diesen Instrumenten bei der
 Ausarbeitung des vorliegenden Entwurf entsprechende
 Beachtung fanden. Außerdem glauben wir, dass die
 kryptographischen Richtlinien der OECD und die Richtlinien
 der
 OECD für die Sicherheit von Informations- systemen eine
 ausgewogenere, zukunftsorientierte Sichtweise auf die
 Notwendigkeit, starke Sicherheitstechniken zu forcieren,
 um das Risiko von Computerverbrechen zu reduzieren,
 einnehmen, als der nun zur Begutachtung bereitliegende
 Vorschlag.
 
 Abschließend spricht auch die Universelle Deklaration der
 Menschenrechte direkt von den Verpflichtungen jeder
 Regierung, die Privatheit der Kommunikation zu schützen
 und die Meinungs- und Redefreiheit in neuen Medien zu
 gewährleisten. Artikel 12 sagt, dass "niemand einer
 beliebigen Einmischung in seine Privatsphäre, seine Familie,
 sein Heim oder sein Korrespondenz unterworfen werden
 soll; dieses Recht beinhält die Meinungsfreiheit ohne
 jedwede Einmischung sowie das Recht, Informationen und
 Ideen über jegliche Medien, unabhängig von Grenzen, zu
 suchen, empfangen und transportieren."
 
 Wir bitten Sie, den vorliegenden Entwurf nicht so zu billigen.
 Wir, die Unterzeichneten, sind bereit, die europäische
 Kommision mit Experten auf diesem Gebiet zu unterstützen
 und eine bessere Version des Dokuments
 bereitzustellen, die nicht nur auf Bestrafung, sondern auch
 auf die Prävention von Computerverbrechen abzielt.
 
 
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 edited by Harkank
 published on: 2000-10-19
 comments to office@quintessenz.at
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